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In Memoriam

Erinnerung und Verantwortung Ausstellungskatalog

  • Book
  • © 2011

Overview

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About this book

 

Zwischen 1939 und 1945 wurden mindestens 160 - 200.000 psychisch kranke und behinderte Menschen

im Gebiet des damaligen Deutschen Reichs getötet. Im Rahmen der nationalsozialistischen „Euthanasie-

Programme“ waren Psychiater maßgeblich an der Initiative, Rechtfertigung, Planung und Durchführung dieser

Tötungen beteiligt. Nach Jahrzehnten des Schweigens und Verdrängens hatten Forscherinnen und Forscher in

den 1980er Jahren damit begonnen, die Geschichte der Psychiatrie im so genannten „Dritten Reich“ intensiv

zu untersuchen und das Ausmaß der Taten detailliert zu erfassen.

Viel zu lange hatte die deutsche Psychiatrie, haben Psychiater und Psychiaterinnen die Fragen nicht beantwortet

und die Dokumente nicht veröffentlicht, die die Verstrickung des eigenen Faches in die Euthanasieaktionen

der NS-Diktatur ans Licht gebracht hätten. Und viel zu lange auch wurde von den später Geborenen

stille Rücksicht genommen auf die schweigenden Kolleginnen und Kollegen. Eine ganze Generation, fast 40

Jahre, hat es gebraucht, bis die Psychiatrie in Deutschland in der Lage war, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen.

40 Jahre, in denen die Opfer vergessen und ihre Anklagen ignoriert wurden, die Kinder

und Angehörigen der Ermordeten, die Zwangssterilisierten und auch die aus ihren Ämtern gedrängten und

emigrierten Psychiater.

Um die Verstrickungen der Psychiatrie auch dem institutionellen Vergessen zu entreißen, hat die Deutsche

Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) im Jahr 2010 eine unabhängige

internationale Kommission zur Aufarbeitung der Geschichte der DGPPN und des Verhältnisses ihrer

Vorläuferorganisationen zum NS-Regime eingerichtet. Unabhängig von detaillierten Arbeitsergebnissen dieser

Kommission soll dem Gedenken an die Opfer und der schuldhaften Verstrickung der DGPPN und ihrer

Vorläuferorganisationen in die Euthanasieaktionen und dem anschließenden Verdrängungsprozess breiter

Raum gegeben werden. Der Jahreskongress 2010 der DGPPN ist der Erinnerung an die Opfer gewidmet und

wird in einer Gedenkstunde an die Schuld der deutschen Psychiatrie erinnern, die Opfer sollen um Vergebung

gebeten werden. Die Ausstellung begleitet dieses Gedenken. Wir gedenken der Opfer – im Angesicht der

Opfer.

Mit der sogenannten „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ sollten auch Mittel für die Behandlung der als heilbar

eingestuften Patientinnen und Patienten eingespart werden – und es waren besonders Psychiater, die im

Namen einer „modernen Medizin“ über Menschen das Urteil „wertvoll“ oder „wertlos“ fällten. Dass hier

unmittelbar Fragen nach einer Legalisierung der Sterbehilfe und einer Priorisierung im Gesundheitssystem aufscheinen,

stimmt uns Heutige nachdenklich. Es hat eine Zäsur gegeben. Heute ist sich die Psychiatrie ihrer

Verantwortung und ihrer Schuld bewusst. Dennoch aber muss diese Zäsur immer wieder neu erarbeitet und

muss die Erinnerung wach gehalten werden.

Als die Ausstellung „In Memoriam“ im Jahr 1999, sechzig Jahre nach dem sogenannten Euthanasieerlass

durch Hitler, im Rahmen des Weltkongresses für Psychiatrie mit einem Vorwort vom damaligen DGPPN

Präsidenten Prof. H. Sass in Hamburg gezeigt wurde, stieß sie auf großes Interesse. Die Konfrontation mit dem

Schrecklichsten der Geschichte der Deutschen Psychiatrie stieß auf ein mehr als nachdenkliches nationales

und internationales Publikum. Zwischenzeitlich wurde diese Ausstellung vielerorts gezeigt, so in München,

Augsburg, Ingolstadt, Ravensburg, Kaufbeuren, in Österreich (Wien), in Griechenland (Ioannina), Italien (Pisa

und Rom, dort im Psychiatriemuseum Santa Maria della Salute als ständige Ausstellung in einer italienischen

Fassung) sowie in Spanien (Valencia). Um die Erinnerung an die Oper wachzuhalten, haben wir für den

Kongress 2010 der DGPPN in Berlin die Ausstellung erweitert und aktualisiert. Zu diesem Anlass wird der

vorliegende Katalog von der Gesellschaft herausgegeben, der in einer früheren Fassung 1999 nur im

Selbstverlag veröffentlicht und lange Zeit vergriffen war.

Editors and Affiliations

  • Eggenthal, Germany

    Michael von Cranach

  • Aachen, Germany

    Frank Schneider

Bibliographic Information

  • Book Title: In Memoriam

  • Book Subtitle: Erinnerung und Verantwortung Ausstellungskatalog

  • Editors: Michael von Cranach, Frank Schneider

  • Publisher: Springer Berlin, Heidelberg

  • Copyright Information: Springer Berlin Heidelberg 2011

  • Softcover ISBN: 978-3-642-17398-1Published: 19 November 2010

  • Edition Number: 1

  • Number of Pages: 60

  • Number of Illustrations: 20 b/w illustrations, 20 illustrations in colour

  • Topics: Psychiatry

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